Das E-Werk...

Was damals so ging und wo man sich heute schwer tut.


Es gab einmal eine Zeit, so um 1900,
zu welcher Pfungstadt trotz seiner nur un­gefähr 5.000 Ein­wohnern zu den fort­schritt­lichsten Städten üb­er­haupt ge­hörte.

Man hatte Stadtrechte, einen Markt, eine Ei­senbahn, eine freiwillige Feuerwehr, eine Brau­er­ei, ein Hallenbad, ein Was­ser­werk und ein Elek­tri­zitätswerk. Und nicht zu ver­ges­sen, eine unterirdische Wärme­ver­sor­gung.

Lang, lang ist's her und übrig ge­blie­ben von Glanz und Gloria ist so gut wie nichts.

Soweit war man schon mal - im Jahr 2005

... also vor mehr als 10 Jahren

So machen es andere


E-Werk Eschwege


E-Werk Freiburg

Für diejenigen, die etwas an der Pfungstädter Geschichte in­te­res­siert sind, gibt es hier etwas zum Nach­lesen. Die Beschreibung der Entwicklung des E-Werkes ent­spricht dem öffentlich zugänglichen Material des Stadtarchives der Stadt Pfungstadt.

In wirtschaftlich schwierigen Zeiten beschloss der Gemeinderat Pfungstadt 1899 den Bau eines Wasser- und Elektrizitätswerkes. In einer Sitzung am 10. April wurde die Errichtung eines Wasser­werkes auf Kosten der Gemeinde festgelegt, nachdem schon seit 1896 unverbindliche Erhebungen über den Bedarf durch­ge­führt worden waren. Noch im gleichen Monat wurde dieser Beschluss erweitert: Im gleichen Zuge sollte auch ein Elek­tri­zi­tätswerk errichtet werden.

Die vorangegangene jahrelange Diskussion über die eventuelle Versorgung der Gemeinde mit Gas wurde damit beendet, auf weitere Eingaben, die in den da­rauf­fol­gen­den Wochen durch Einwohner Pfungstadts erfolgten, wurde nicht mehr ein­ge­gan­gen.


E-Werk Osterwieck


E-Werk Bad Homburg

Die Leitung wurde dem Geheimrat Prof. Dr. Kittler als Sach­ver­ständigem der Stadt Pfungstadt über­tragen, der seit 1882 das erste deutsche Institut für Elektrotechnik an der Technischen Hochschule Darmstadt leitete.

Damit reihte sich Pfungstadt in die Anfänge einer länger währenden Entwicklung ein: 1890/91 hatten sich Kassel, 1893/94 Frankfurt, 1898 Hanau und um 1900 Gießen für eine städtische Elektrifizierung entschieden, nachdem schon 1888 in Darmstadt die von Kittler entworfene "Centralstation für elektrische Beleuchtung" als erstes Elek­tri­zi­täts­werk Hessens in Betrieb genommen worden war.

Noch 1899 werden grundlegende Beschlüsse bezüglich der Bau­aus­führung gefasst. Ende Dezember 1899 wird im Pfung­städter Anzeiger berichtet: "Bezüglich der Einrichtung eines Wohnhauses des Elektrizitäts- und Wasserwerkes wird beschlossen, dass nur eine Wohnung für den Maschinenmeister eingerichtet werden soll. Das Wohnhaus soll nicht in Holzfachwerk, sondern massiv mit hiesigen Blendsteinen zur Ausführung gebracht werden."

Neben dem Verwaltungsgebäude, in dem sich die Wohnung des Maschinenmeisters befand, wurde eine Halle mit Maschinen- und Kesselraum für die Produktion der Elektrizität eingerichtet. Zwischen dieser Halle und der Brunnenstraße wurden elektrisch betriebene Pumpwerke zur Förderung des Wassers installiert. Die Backsteine für den Bau der Gebäude wurden von der Dampf­zie­gelei Nungesser geliefert.

Im Januar 1901 legte in einer Gemeinderatssitzung der Ge­heim­rat Dr. Kittler "in seiner Eigenschaft als Sachverständiger der Stadt Pfungstadt die Gründe dar, welche eine Verzögerung in der Fertigstellung des Electrizitätswerkes verursacht haben." Man ging davon aus, dass der Bau in den folgenden fünf Wochen fertiggestellt werden könne".


E-Werk Göppingen

E-Werk Weimar

Im März 1901 erfolgte die Ausschreibung der Stellen für den Maschinenmeister, den Heizer und den Hilfsheizer, die im April besetzt werden konnten.

Zwei Jahre nach dem Beschluss des Gemeinderates zur Er­rich­tung des Elektrizitäts- und Wasserwerkes konnten die Anlagen in Betrieb gesetzt werden: Am 13. April 1901 wird die Strom­ver­sorgung Pfungstadts durch das Elektrizitätswerk in Betrieb genommen, die zwischenzeitliche provisorische Versorgung der Stadt mit Strom durch die Brauerei abgestellt. Wenige Tage später erfolgt auch die Versorgung der Gemeinde mit Wasser aus dem Wasserwerk.

Eine wesentliche Erweiterung erfuhr das Städtische Elektritzitäts- und Wasserwerk 1908, als an der Kirche die neue Schule mit Turnhalle und Schwimmbad errichtet wurde. 1906 legt Architekt Scherer zu Darmstadt eine detaillierte Planung zum Bau eines Schulhauses in der ehemaligen Gerberei Hess vor. Dazu gehören auch der Neubau einer Turnhalle und eines Schwimmbades, die den neuesten Anforderungen genügte. Sie galt eine der fort­schritt­lichsten Einrichtungen dieser Art im Lande.

Dies war vor allem deswegen möglich, weil sich in nicht allzu weiter Entfernung das städtische Elektrizitäts- und Wasserwerk befand und mit einem etwa 250 m langen begehbaren Kanal die Dampfheizung von dort betrieben werden konnte. Im November 1907 übertrug der Gemeinderat die Arbeiten am Heizkanal den "Vereinigten Maurermeistern Pfungstadt" zu 34,90 Mark pro lfdm, der Schacht wurde ausgehoben, mit Pfungstädter "Ring­ofen­steinen 1. Sorte" gemauert und wasserdicht abgedeckt. Die lichte Weite des Kanals sollte der Ausschreibung zufolge 1,10 m, die Höhe 1,50 m betragen. Im Folgenden wurde die Dampf­lei­tung gelegt und zunächst ein Lokomobil ausgeliehen, um die Heizung probeweise in Betrieb zu nehmen und zu prüfen."

Auch in dieser Hinsicht war Pfungstadt auf dem Stand mo­derns­ter Technik: Erstmals wird in Deutschland 1893 das Hamburger Rathaus probeweise mit Dampf aus dem Elektrizitätswerk be­heizt, in Dresden wird 1900 ein erstes Fernheizwerk errichtet. 1904, also vier Jahre vor der Einweihung der Goetheschule in Pfungstadt, wird das Schloss Karlsruhe durch Fernwärme ver­sorgt. In den Großstädten Deutschlands wird die Dampf­fern­hei­zung in Kanalbauweise in den 1920er Jahren großflächig in­stal­liert."


Richard Kramer - c/o Unabhängige Bürger Pfungstadt (UBP) - Kommunalpolitische Initiative für Pfungstadt 
Sandstraße 6 - 64319 Pfungstadt

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